Provokante Pizzakartons (kreuzer 12/07)
Das Projekt “Kulturdisplays” thematisiert den Umgang mit dem öffentlichen Raum
Wenn sich eine Stadt verändert, wenn Branchen bereinigt, Häuser saniert und Shoppingzentren gebaut werden, dann hat das Auswirkungen, die über die ko nkreten Baumaßnahmen hinausgehen. Mit ihnen beschäftigt sich ein bemerkenswertes Projekt mit dem Namen “KulturDisplace-Argumente und Aktionen gegen das Verschwinden kultureller Wahrnehmung aus dem öffentlichen Raum”, das das Conne Island gemeinsam mit der Künstlergruppe niko.31 ins Leben gerufen hat.
Ausgangspunkt des Projektes ist die Feststellung, dass im öffentlichen Raum immer weniger Platz für die Entfaltung kultureller oder sonstiger Aktivitäten ist, die über das Konsumieren hinaus gehen. Diesen verlorenen Raum möchte man sich wieder aneignen-wenn auch zunächst symbiolisch.
Die Rückeroberung kommt als Kunstaktion daher und zielt darauf ab, Sehgewohnheiten zu stören, indem Objekte an ungewöhnlichen Orten (de)platziert werden. Dabei handelt es sich um Pizzakartons, die einen provokativen Slogan, wie etwa “I love Hools” oder “Verbrechen lohnt sich”, tragen. In den Kartons finden sich dann eine Handlungsanweiisung und die Telefonnummer des Displace-Callcenters. Ruft man dort an, kann man sich einen Erklärungstext zum jeweiligen Slogan anhören, aber auch seine eigenen Gedanken dazu hinterlassen.
Ab Ende November werden die optischen Störenfriede sechs Wochen lang in der gesamten Stadt zu bewundern sein.
Da Provokation zentraler Bestandteil des Projektes ist, gehört auch die Auseinandersetzung mit den Reaktionen von Bürgern und Behörden zum Gesamtkonzept.. Eine Serie von Diskussionsveranstaltungen soll den Dialog fördern.
Die Sache hat allerdings eine Achillesferse: Es besteht die Gefahr, dass die Kartons inmitten des vorweihnachtlichen Dekoterrors überhaupt nicht auffallen. Das wäre schade, aber mit Sicherheit äußerst dokumentierenswert.
THYRA VEYDER-MALBERG (kreuzer/dezember07)